Wenn ich die Kamera in die Hand nehme und mich auf fotografische Entdeckungsreise mache, dann habe ich in den meisten Fällen ein Ziel. Dieses Ziel kann aber von Situation zu Situation unterschiedlich aussehen.
Wenn wir zum Beispiel gemeinsam im Urlaub sind, dann möchte ich Erinnerungen an den Urlaub festhalten, um diese später in Form eines Fotobuchs zu präsentieren. Ich möchte dann sowohl meine Familie als auch die Umgebung zeigen, in der wir unterwegs waren sowie auch die eine oder andere Sehenswürdigkeit. Dabei habe ich also schon eine grobe Vorstellung, welche Bilder ich später benötige und oft weiß ich auch schon, wie ich diese dann präsentieren möchte.
Anders ist es zum Beispiel, wenn ich zu Hause an einem schönen sonnigen Nachmittag allein mit der Kamera in den Wald gehe. Hier habe ich auch mal kein "Zielbild" (wie Stephan Wiesner es nennen würde) im Kopf. Ich komme dann irgendwann zurück nach Hause, entweder nach einer halben Stunde oder auch erst nach drei Stunden und habe dann je nachdem was mir begegnet, entweder einzelne Bäume, Detailaufnahmen von Baumrinde oder einzelnen Blättern, einen Blick in die Landschaft oder auch die Rehe auf der Wiese fotografiert. Es kann dann auch sein, dass ich mit den Fotos des Tage
s nicht zufrieden bin und keines der Fotos weiter bearbeiten oder präsentieren möchte. Dann war eben das Ziel des Nachmittags ein Spaziergang im Wald und die Schulung des fotografischen Blicks. Wenn das von vornherein klar ist, dass das passieren kann, bin ich auch am Ende des Tages nicht enttäuscht.
Zum „Fotografieren um des Fotografierens willen“ fällt mir hierzu gerade Vivian Maier ein, ein Kindermädchen aus den USA, die in ihrer Freizeit immer mit der Kamera unterwegs war und sehr viel fotografiert hat. Allerdings hat sie ihre Fotografien nie weiter verwertet. Erst nach ihrem Tod wurde in ihren Hinterlassenschaften zufällig eine große Zahl an Schwarzweißfotos entdeckt und dazu eine Vielzahl an noch nicht entwickelten Filmrollen.
Inzwischen gibt es verschiedene Buchpublikationen über die Werke von Vivian Maier sowie einen Film, in dem die Entdeckung dieses fotografischen Schatzes durch John Maloof Thema ist.
Vivian Maier schien glücklich und zufrieden damit gewesen zu sein, zwar zu fotografieren, die Fotos aber selten zu entwickeln geschweige denn sie weiter zu bearbeiten oder zu publizieren.
Ich für meinen Teil sehe statt dessen bei einer größeren Fotostrecke eine Präsentation in Buchform, wenn auch nur als Einzelauflage für mich, oft als das abschließende Ziel, aber da ist eben jeder Mensch und jeder Fotograf anders und das macht uns ja auch aus.
Wie sieht es bei Euch aus? Fotografiert Ihr eher mit einem festen Ziel oder knipst eher drauf los und schaut später, was Ihr daraus macht?
Bis bald.
Ralf
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