Wir alle machen Fehler. Jeder. Jeden Tag. Manche Menschen mögen diese Fehler anderen gegenüber oder (noch schlimmer) sich selbst gegenüber nicht eingestehen.
Warum ist das so? Nun, ich glaube, das hängt viel mit unserer Leistungsgesellschaft zusammen. In Familie und Beruf müssen wir funktionieren, müssen immer Leistung (auf neudeutsch „Performance“) zeigen. Durch die Erwartungshaltung der Menschen, die uns umgeben, werden wir unter Druck gesetzt, und setzen uns damit selbst unter Druck. Aus meiner Sicht ein Teufelskreis.
Statt dessen plädiere ich dafür, Fehler geschehen zu lassen, um dann aber auch das positive aus diesem Fehler zu ziehen. Das ist nicht in jedem Lebensbereich sinnvoll und ratsam, aber in der Fotografie ist es das – und vor allem ist es sehr inspirierend und macht Spaß. Was meine ich damit?
Stellen wir uns einen schönen Sommertag vor. Ich ziehe mit meiner Kamera los, um bei blauem Himmel und angenehmer Wärme Landschaftsbilder in der Umgebung zu machen. Ich beginne zu fotografieren, ohne die Einstellungen der Kamera zu prüfen und stelle nach den ersten Bildern fest, dass sie alle unscharf sind. Warum sind sie unscharf? Eine genaue Überprüfung der Einstellungen zeigt, dass ich die Verschlusszeit auf 1 Sekunde eingestellt habe. Stimmt, vor ein paar Tagen hatte ich ja die Nachtaufnahmen auf Stativ gemacht, wofür ich die relativ lange Verschlusszeit benötigt habe. Das sind schöne Bilder geworden, allerdings hatte ich danach vergessen, die Kamera wieder auf Standard-Einstellungen zurückzusetzen. Ärgerlich!
Hm, aber eigentlich sehen die Fotos ja gar nicht so schlecht aus. Mal sehen, wenn ich die Verschlusszeit noch etwas verlängere und dann während der Belichtung bewusst die Kamera verschwenke, kommen da wunderschöne Aufnahmen heraus. Hat etwas von abstrakter Kunst. Gefällt mir.
Zu Hause recherchiere ich noch etwas und stelle fest, dass es für diese Kameratechnik sogar einen Namen gibt, nämlich „ICM – Intentional Camera Movement“, was so viel bedeutet wie „absichtliche Kamerabewegung während der Aufnahme“. Das Ganze funktioniert mit Wischern in alle Richtungen, aber auch durch Zoomen während der Aufnahme, so dass eine Wirkung entsteht, als würde man in das Bild hineingezogen. Sehr spannend diese Technik – und vor allem so unvorhersehbar. Jedes Bild sieht anders aus.
Zukünftig werde ich also immer mal wieder mit meiner Kamera losziehen und entweder in Feld und Wald oder auch in der Stadt mit dieser Kameratechnik versuchen, neue Perspektiven und Ansichten auf bekanntes und unbekanntes zu gewinnen und damit meine Fotos etwas anders zu gestalten als ich das in der Vergangenheit getan habe. Ich habe eine neue Leidenschaft für mich entdeckt!
Fehler müssen also nicht immer negativ konnotiert sein. Eines der bekanntesten Beispiele stammt aus dem Jahre 1492, als Christoph Kolumbus aufgrund eines Navigationsfehlers Amerika entdeckt hat.
Daher mein Appell an den Fotografen in uns: Macht Fehler und genießt das Leben!
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